Kristin Pudenz fährt nach Talin

Da hat sie zur rechten Zeit noch einen rausgehauen. Gestern düste Kristin Pudenz vom SC Potsdam (eine der besten Adressen in der deutschen Leichtathletik),   einstige VorzeigeAthletin in dieser Region und noch  Mitglied beim TV Löhne-Bahnhof, mit einem breiten Grinsen im Gesicht und weiteren Teamkameraden bis Samstag ins Trainingslager in das Bundesleistungszentrum für Spitzensportler in Kienbaum. Das liegt etwa 40 Kilometer östlich von Berlin. Nur wenige  Tage  zuvor,  am  Freitag dem 26. Juni, schleuderte die 22-Jährige beim Sole Cup in Schönebeck den Diskus auf einen neuen persönlichen Bestwert von 62,61 Meter!
Damit steigerte „Pudi“ ihre Bestleistung um mehr als 1,50 Meter (die alte Bestmarke lag bei 60,89 Meter, aufgestellt beim Meeting in Halle an der Saale 2014), verbesserte sich auf den 5. Platz der Deutschen Bestenliste der Frauen und übertraf damit auch  die  Norm  für  die Weltmeisterschaften  um  über einen  Meter,  wie die Potsdamer auf ihrer Homepage unter dem Titel „Pudi wirft WM-Norm“ freudig verkünden. 

Diese neue Bestleistung kam für Kristin Pudenz wie aus heiterem Himmel. „Die Saison lief bisher sehr durchwachsen, nicht so rund, war echt der Wurm drin. Ich habe schon an mir gezweifelt“, gibt sie einen kurzen Einblick in ihr Gefühlsleben vor Wochen. „Aber mein Trainer hat mir immer Mut gemacht, mich aufgebaut mit den Worten ’Ich weiß ja, was du kannst. Immer weiter machen, dann wirst du auch belohnt’. So ist es dann auch gekommen, ich habe die Bestätigung für das bekommen, was ich alles in den Trainingseinheiten getan habe. Über die 62,61 Meter im dritten Versuch habe ich mich deshalb auch riesig gefreut, denn nach den Leistungen zuletzt war das so nicht zu erwarten“, sagt Kristin Pudenz, die noch einen weiteren Grund zu großer Freude hat: Sie gehört zum 68 junge Athleten umfassenden Nationalkader des DLV für die Europameisterschaften der U23 im estischen Tallinn.
Es ist die zweite EM, die die ehemalige Gohfelderin bestreitet. 2013 war sie mit dem Diskus im finnischen Tampere am Start und wurde Vierte hinter ihren beiden härtesten Konkurrentinnen in Deutschland, Anna Rüh vom SC Neubrandenburg (1. Platz) und Shanice Craft vom MTG Mannheim (2. Platz, die ließ sie in Schönebeck zum
ersten Mal hinter sich) und einer Portugiesin (3. Platz). Ihr großes Ziel in Tallinn, wo die EM vom 9. bis 12. Juli ausgerichtet wird, ist ein Podiumsplatz.  „Diese EM ist für mich der sportliche Höhepunkt in dieser Saison. Eine Medaille wäre ein super Erfolg, und das muss auch mein Ziel sein. Es ist diesmal auch machbar, denn die Bestleistung der besten Europäerin ohne uns deutsche Athleten liegt aktuell bei etwa 58,5 bis 59 Meter. Ich fliege nach meiner Bestleistung mit sehr viel Selbstbewusstsein nach Estland, bin aber keineswegs übermütig. Denn ich muss meine Leistung auch dort bringen, sonst wird es nichts mit der Medaille.  Also ist volle Konzentration erforderlich“, sagt Kristin Pudenz.
Nach Tallinn begleiten sie auch ihre Konkurrentinnen Anna Rüh und Shanice Craft. Mit Letztgenannter ist Kristin befreundet. Der Kampf dieses Trios geht in Tallinn also in seine zigste Runde. Davor ist aber erst mal bis Samstag Training angesagt im Bundesleistungszentrum Kienbaum. Dort hat ihr Vater Rüdiger Pudenz bereits zu DDR-Zeiten in vielen Trainingseinheiten geschwitzt.